Geburtshaus
Inhaltsverzeichnis
Vorstadt 219 - Salzburger Vorstadt 15
Das Haus, in dem Adolf Hitler am 20. April 1889 [1] geboren wurde [2], aber nur für kurze Zeit lebte [3], hat eine lange Geschichte. Nach Franz Martin, Braunauer Häuserchronik (Salzburg 1943), bestand es ursprünglich aus zwei Gebäuden, deren Besitzer bis ins 17. Jahrhundert nachweisbar sind. Es war eine "freieigene Behausung in der Vorstadt mit der darauf haftenden realen Bierbräugerechtsame [4] nebst Schank- und Gastungsrecht [5], dann Stadel, Stallung und Sudhaus." Seit 1826 hatte es die Anschrift "Vorstadt 219", erst 1890 erfolgte die Umbenennung in "Salzburger Vorstadt 15".
Das Haus war seit 1888 [6] je zur Hälfte im Besitz von Franz Xaver und Helene Dafner, die darin ein Gasthaus führten. Am 17. Oktober 1890 starb Franz Dafner [7] an "Abzehrung" [8], sein Hälfteanteil wird der Witwe zugeschrieben [9]. Sie führte, 1891 in zweiter Ehe mit Jakob Bachleitner [10] verheiratet, das Gasthaus [11] unter dem Namen "Zum Hirschen" [12] bis Ende 1912 [13] weiter.
Am 18. 12. 1912 wurde das Objekt an Josef Pommer aus Laab bei Braunau zum Preis von 58.000 Kronen [14] verkauft. [15] Das Gasthaus wurde unter dem Namen "Zum braunen Hirschen" ab Sonntag, 15.12. 1912 [16] wiedereröffnet und weiter geführt [17], wobei bemerkenswert ist, dass dieser Gasthausname nicht an der Fassade des Hauses angebracht war. Seit Ende 1912 ging man also "zum Pommer", womit natürlich nicht ein Gasthausname "Zum Pommer" - schon überhaupt nicht die Verbindung mit einem Bewohner der Landschaft Pommern - gemeint war. Der Name "Zum (braunen) Hirschen" wurde nämlich nicht populär, da es in Braunau ein Gasthaus mit dem Namen "Zum Goldenen Hirschen" gab und somit eine Verwechslungsmöglichkeit bestand. Die Lokalität war einfach der "Gasthof des Josef Pommer", wie auch auf der Fassade geschrieben stand.
1938 [18] wurde das Haus von Martin Bormann [19] im Auftrag der NSDAP um den vierfachen Verkehrswert [20] gekauft [21], saniert [22] und zu einem Kulturzentrum mit Volksbücherei umgestaltet [23]. Mit Schreiben vom 20. Juli 1938 [24] teilte die „Zentralstelle für Denkmalschutz im Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten“ trotz des inzwischen erfolgten Verkaufs an Martin Bormann den Vorbesitzern Josef und Maria Pommer mit, dass das Haus Nr. 219 unter Denkmalschutz gestellt sei. Von Frühjahr 1943 bis Herbst 194 fanden in der "Braunauer Galerie im Führer-Geburtshaus" Ausstellungen statt, in denen Bilder und Plastiken von Künstlern aus Braunau und der näheren Umgebung gezeigt wurden.
Unmittelbar nach der Befreiung Braunaus durch amerikanische Truppen am 2. Mai 1945 versuchte ein deutscher Stoßtrupp, Hitlers Geburtshaus in die Luft zusprengen, doch vereitelten US-Soldaten diesen Angriff [25] Am 1. November 1945 wurde "an der Stätte, von der aus einst Hitler in die Welt trag" [26] eine Ausstellung eröffnet, die den Besuchern besonders das Grauen der Konzentrationslager zeigen sollte.
1946/47 war die Bank für Oberösterreich und Salzburg von der US-Militärregierung zum Verwalter bestellt, 1947/50 das Gemeindeamt der Stadt Braunau vom Amt der OÖ. Landesregierung zum treuhänderischen Verwalter. Mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Volksgericht vom 19. 12. 1951 wurde das gesamte Vermögen des Martin Bormann zu Gunsten der Republik Österreich für verfallen erklärt. [27]
Auf Grund des Vergleiches vor der Rückstellungskommission beim Landesgericht Linz vom 16. 1. 1954 erhielt Kreszentia Pommer, die Erbin nach Josef und Maria Pommer, die Liegenschaft gegen Zahlung eines Betrages von 150.000 Schilling [28] in ihr Eigentum zurück [29]. Der genannte Betrag floss der Konkursmasse nach Martin Bormann und somit der Republik Österreich, welcher das Vermögen des Martin Bormann verfallen war, zu [30].
Durch Schenkungsvertrag vom 31. 12. 1977 ging das Eigentum von Kreszentia Pommer auf ihre Tochter Gerlinde Pommer über [31]. Das gesamte Ensemble „Salzburger Vorstadt“, also auch das Haus Salzburger Vorstadt 15, steht seit 1993 unter Denkmalschutz [32].
Nach der Rückstellung an Kreszentia Pommer mietete das Stadtamt Braunau das Gebäude zur Unterbringung von Schulklassen an. Als die Schulraumnot im Laufe der Jahre durch Neubauten gelindert war, diente das Gebäude bis 1965 zur Unterbringung der Stadtbücherei. Nachdem in den späten Sechzigerjahren Ideen über eine kommerzielle sogenannten Hitlerhauses zu weltweitem Aufsehen geführt hatten, entschloss sich die Stadtgemeinde Braunau am Inn, das Haus nicht mehr weiter anzumieten.
In der Folgezeit vermietete es die Eigentümerin kurz als Ausweichquartier für eine Bank, später wurden einige Klassen der als städtische Schule gegründeten Höheren Technischen Lehranstalt hier untergebracht (1970 -1976). Immer wieder meldeten sich bei der Eigentümerin Interessenten für Miete oder Kauf des Hauses. Da die Stadtgemeinde Braunau am Inn befürchtete, dass bei einer Veräußerung des Hauses letztlich eine "Nazikultstätte" in dem Haus errichtet werden könnte, trat man an die Republik Österreich heran, dass diese das Objekt anmiete [33]. Die Verhandlungen mündeten schließlich im Mietvertrag vom 17. 5. 1972, der – ursprünglich auf eine Laufzeit von 10 Jahren ausgelegt - immer wieder verlängert wurde, ohne dass die §§ 5 bzw. 7, welche bauliche Veränderungen bzw.die Nutzung des Objekts betreffen, geändert wurden. Nach dem Neubau der HTL fand 1977 bis September 2011 die "Lebenshilfe" eine Bleibe im Haus Salzburger Vorstadt 15 und führte dort Werkstätten, einen Shop sowie eine Tagesheimstätte für behinderte Menschen, "Menschen mit besonderen Bedarfen". Seit Oktober 2011 steht das Haus leer, der Mietvertrag ist aufrecht.
Bezirksgericht Braunau: Grundbuchseintragungen
Postzahl | Eintragung | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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1. vide 2. |
Praes. 29 Okt[o]ber 1877 Nr. E 3838. In Folge Bescheides vom 31 Okt[o]ber 1877, wird auf Grund: a. der Einantwortungsurkunde d[e]tto 28 Sept[em]ber 1877 Z. 2147 nach Thomas Scheibenwang, dann mit Beziehung auf denUbergabsvertrag vom 27 April 1875, wird das
Alleineigenthumsrecht für den Wittwer Scheibenwang | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2. | Praes 23 August 1882 Nr. E 3327 In Folge Beschlusses vom 25. August 1882 u[nd] auf Grund des Kaufvertrages detto 21 August 1882 wird das Alleineigenthumsrecht für Karolina Referenzfehler: Für ein <ref> -Tag fehlt ein schließendes </ref> -Tag.. Die Betreuung des Hauses erfolgt bis auf weiteres durch die Kreisleitung der NSDAP Braunau. Die Kaufliegenschaft umfaßt sämtliche Gebäude einschließlich des Sommerkellers, nicht aber die bisher zum Hause gehörigen landwirtschaftlichen Gründe."
Neue Warte am Inn, 25.05.1938 Das Hitler-Haus als Galerie
RückstellungsverfahrenGerichtsurteil gegen Anbringung einer TafelIm Namen der Republik! Salzburger Vorstadt unter Denkmalschutz"Bescheid: Wien, am 11. Oktober 1993 Presseerklärung zur weiteren Nutzung von Bgm. Mag. Hannes WaidbacherEinleitend sei das Faktum hervorgehoben, dass das Haus Salzburger Vorstadt 15, in dem Adolf Hitler geboren wurde, in Privatbesitz steht und seit vielen Jahren vom Bundesministerium für Inneres angemietet ist. Untermieter ist die Stadtgemeinde Braunau am Inn, die bis September 2011 der Organisation „Lebenshilf eOberösterreich“ die Räumlichkeiten zur Betreuung geistig und körperlich beeinträchtigter Mitmenschen überlassen hatte. Dieser Verwendungszweck war für das Haus und seine Geschichte geradezu ideal und hatte sich außerordentlich gut bewährt. Da dringend notwendige Um- und Einbauten zur behindertengerechten Ausstattung des Hauses nicht möglich waren,musste die Lebenshilfe neue, den modernen Anforderungen entsprechende Räumlichkeiten suchen. Seit September 2011 steht das Haus daher leer, der Mietvertrag ist aber weiterhin zu erfüllen. Bgm. Mag. Johannes Waidbacher hält dazu klar fest, dass dieses Haus niemals eine Wallfahrtsstätte für ewig Gestrige werden darf. Es sei auch nicht seriös, wenn Personen, Gruppierungen oder Medien den Eindruck erwecken, als ob sich das Haus bereits im Eigentum der öffentlichen Hand befände und es nur an politischem Mut fehle, sich der Geschichte zu stellen. Bgm. Mag.Waidbacher betont, dass Grundlage für alle Überlegungen das gemeinsame Bestreben aller Beteiligten sein muss, für das Haus eine sinnvolle und zweckmäßige Nachnutzung zu finden. Letztendlich liegt diese Entscheidung beim Bundesministerium für Inneres und beim Liegenschaftseigentümer. Dass die Stadt Braunau sehr wohl Verantwortung für den Umgang mit der jüngeren Geschichte trägt, zeigen beispielhafte Maßnahmen: So wurde auf Veranlassung des ehemaligen Bürgermeisters Gerhard Skiba im Jahr 1989 ein Mahnstein aus Granit aus dem ehemaligen KZ Mauthausen vor dem Haus gesetzt. Vor dem Mahnstein findet alljährlich Anfang Mai eine von der Stadt, dem Verein „Mauthausen aktiv“ und dem Verein für Zeitgeschichte organisierte Gedenkfeier für die Opfer von Krieg und Nationalsozialismus statt. Seit 21 Jahren werden mit wesentlicher Unterstützung der Stadt die Braunauer Zeitgeschichte-Tage abgehalten, die sich mit der jüngeren Geschichte befassen. Ein Jägerstätter-Park im Krankenhausareal wurde geschaffen – im Gedenken an den im Bezirk Braunau geborenen Franz Jägerstätter, der als Wehrdienstverweigerer 1943 hingerichtet wurde. Die Stadt Braunau setzt sich zudem für andernorts oft ausgegrenzte Roma und Sinti ein: Sie betreibt mit dem Verein „RoSi“ einen Rastplatz für durchreisende Roma und Sinti und schafft damit eine geordnete Möglichkeit des Campierens. Eine solche Einrichtung gibt es nur zweimal in Österreich. Diese Initiative wurde im Jahr 2002 von der oö. Gesellschaft für Kulturpolitik und der SPÖ Oberösterreich mit der Verleihung des Inter-Kultur-Preises, vom Land Oberösterreich im Jahr 2003 mit dem Menschenrechts-Preis und im Jahr 2008 mit der Verleihung des Floriani-Preises für couragiertes Eintreten für ausgegrenzte Minderheiten ausgezeichnet. [36] Einzelnachweise
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