Kriegsende: Unterschied zwischen den Versionen

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(Major Wilhelm Grünwaldt: Teildarstellung über Braunau, Mai 1945)
(Major Wilhelm Grünwaldt: Teildarstellung über Braunau, Mai 1945)
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== Anton Platt: So erlebte ich die Übergabe der Stadt Braunau ==
 
== Anton Platt: So erlebte ich die Übergabe der Stadt Braunau ==

Version vom 8. Februar 2014, 12:04 Uhr

Das Kriegsende 1945 am Inn

Major Grünwald, der erst wenige Tage vor Kriegsende nach Braunau gekommen und als Stadtkommandant eingesetzt war, hatte die Sinnlosigkeit einer Verteidigung der Stadt erkannt und in einer Lagebesprechung am Abend des 1. Mai seine Absicht kundgetan, die Truppe aus Braunau in den Raum Burgkirchen zurückzuziehen, wohin er auch noch für die Nacht die Verlegung des Feldlazarettes anordnete.

Er hat dann an jenem denkwürdigen Vormittag des 2. Mai 1945 nach Anhören der ihm von Braunauern vorgetragenen Argumente und Bitten und auf den Rat der meisten Offiziere seines Stabes hin - mit Ausnahmen zweier Offiziere, Hauptmann Felix und Oberleutnant Lippert - der von den Amerikanern ultimativ geforderten Übergabe der Stadt bis 12 Uhr mittag, widrigenfalls sie zerstört werde, befehlswidrig und damit auch unter Einsatz seines Lebens zugestimmt. Vielen Leuten von heute erscheint es rückblickend auf dem allgemeinen Verlauf des Kriegsende am In im Jahre 1945 nicht begreiflich, wieso es in Braunau noch zu der dramatischen Situation einer Kapitulation unter Androhung der Zerstörung gekommen sein sollte, und sie halten die Geschichte von dem Ringen um die Kapitulation und damit die Errettung der Stadt nach dem Kriegsverlauf als eine aus den Ängsten jener Tage geborene Übertreibung...Bei dem völligen Zerfall des Widerstandes und der Auflösung der Wehrmacht, wäre die Stadt ohnehin, wie das Land ringsum, praktisch kampflos in die Hände der anrückenden amerikanischen Truppen gefallen...Der allgemeine Kriegsverlauf hätte dies zweifellos möglich gemacht - und darauf war ja die Absicht Major Grünwalds abgestimmt, die Stadt nicht zu verteidigen, sondern die Truppe in den Raum Burgkirchen zurückzuziehen: Die Amerikaner hätten über die heil gebliebenen Brücken - so die von Tittmoning und Burghausen und die unversehrten befahrbaren Staudämme der Innkraftwerke Ering und Obernberg - Braunau, nachdem hier am 1. Mai beide Innbrücken gesprengt worden waren, ohne ernstlichen Widerstand von hinten umgehen und besetzen können.

Dass dies nicht geschehen ist, dass die Amerikaner eine ganze Division gegen Braunau von der bayerischen Seite des Inns her einsetzten und die Übergabe der Stadt unter Androhung ihrer Zerstörung forderten und durchsetzten, kann nur aus dem Mythos der Stadt Braunau als Geburtsstadt Adolf Hitlers erklärt werden....Vielleicht hängt dies noch mit den erst in seinen letzten Tagen - 23. April - von Hitler ausgegebenem Plan der "Alpenfestung", mit dem Kern des Obersalzberges zusammen. Braunau gehörte zu dieser "Alpenfestung" und das alte Gutshaus in Osternberg, bekannt als Sitz des Malers und Heimatforschers Hugo von Preen, war als Sitz des Reichspropagandaministers Goebbels ausersehen gewesen!

Im Zusammenbruch der deutschen Fronten hatten sich zuletzt die Kriegsereignisse überstürzt. Offenbar hatten die Amerikaner in Braunau auch wegen des Mythos der Stadt als Hitler Geburtsstadt noch einen stärkeren, verzweifelten Widerstand erwartet, für den die amerikanische Armeeführung keinen Mann zu opfern bereit war. Dafür gibt es Beispiele. (So wurde die Stadt Neumarkt in der Oberpfalz,als einrückende US-Einheiten durch eine Hand voll NS-Funktionäre beschossen wurden, durch einen Luftangriff weitgehend zerstört). [1]

Letzter verzweifelter Widerstand

Zum Verständnis der Lage und Ereignisse der letzten Kriegstage ist daran zu erinnern, daß die oberste Kommandogewalt nicht mehr in den Händen der Wehrmacht, sondern der Gauleiter als Reichsverteidungskommissar lag, im Gau "Oberdonau" (Oberösterreich) in den Händen des Gauleiters Eigruber, der zu jenen NS-Führern gehörte, die sich in eine Untergangspsychose geflüchtet hatten, in der sie alles mit sich in den Untergang reißen wollten.

Die erste Entscheidung für den verzweifelten letzten Widerstand in Braunau traf Reichsverteidigungskommissar Gauleiter Eigruber einige Wochen vor dem Eintreffen der US-Truppen am Inn durch den Befehl zur Brückensprengung. In einem von einer Gewährsperson des Verfassers, die am Telefonamt Braunau kriegsdienstverpflichtet war, abgehörten Telefongespräch hatte Gauleiter Eigruber dem zuständigen Wehrmachtsoffizier in Braunau...befohlen: "Die Brücke wird gesprengt und sie wird stärker denn je vorher geladen", war auch geschah, wie die verheerende Sprengwirkung vom 1.Mai erwies, wobei nicht alle Sprengbomben in die Luft gegangen waren...

Eigruber hatte sich auch bei den Verhandlungen um die Übergabe der Stadt am Vormittag des 2. Mai diesen hartnäckig verweigert und war auf ihrer Verteidigung beharrt: "Braunau ist unter allen Umständen zu halten. Wie, das ist mir gleich!" Der Reichsverteidungskommissar beharrte auf diesem selbstzerstörerischen Befehl trotz der Schilderung der militärischen Lage, die die Sinnlosigkeit dieses Befehls klarlegte. Es liefen an diesem Vormittag ständig Meldungen von Massendesertationen ein. Die schlecht bewaffneten und mit nur wenig Munition ausgerüsteten kümmerlichen Reste der Wehrmacht befanden sich in voller Auflösung. Auch diese Massendesertationen waren gewiß durch die Nachricht von Hitlers Tod beschleunigt worden.

Kreisleiter Fritz Reithofer, der von den Braunauern, darunter Parteifreunden, bedrängt wurde, die Stadt und ihre Bewohner vor der angedrohten Zerstörung als Folge sinnlosen Widerstandes zu bewahren und sich für ihre Übergabe einzusetzen, versuchte offenbar, angesichts der gnadenlosen, fanatischen Haltung des Gauleiters, der wenige Tage vorher den Leiter des Linzer Gau-Arbeitsamtes, der sich nach Braunau abgesetzt hatte, hängen hatte lassen, zu lavieren. Er hat aber nicht, dem Gauleiter folgend, sich dem Drängen der Braunauer nach Widergabe widersetzt. Sein Lavieren allerdings stieß auf den Unmut der Leute, die vor der Salzburgertor-Kaserne für die Übergabe der Stadt demonstrierten, und der dafür im Dienstzimmer des Stadtkommandanten eintretenden Männer. Mit dem Vorrücken des Uhrzeigers stieg die Aufregung und es begann sich schon die Menge zu lichten, um aus der Stadt zu fliehen oder in Luftschutzkellern Zuflucht vor der drohenden Beschießung zu suchen.

Sein Versuch, etwa eine halbe Stunde vor Ablauf des Ultimatums in einer mit sentimentalen Erinnerungen verbundenen Ansprache die Leute mit der Ankündigung eines "Herausgehens der Truppe aus der Stadt - anstatt einer Übergabe" zu beruhigen, schlug fehl. Er wurde von der die Übergabe fordernden Menge niedergebrüllt und von innen her vom Fenster zurückgerissen. Ein anderes Fenster wurde geöffnet und von ihm aus verkündete der mit anderen Männern beim Stadtkommandanten vorsprechenden Schlossermeister Unterfurtner das erlösende Wort: "Wir fahren jetzt nach Simbach und übergeben!" Das war knapp vor 12.00 Uhr mittags. [2]

Die Übergabe der Stadt Braunau an die Amerikaner

Auf Anraten des Adjutanten von Major Grünwaldt, Hauptmann Danzinger, fuhr die zivile Übergabedelegation voraus nach Simbach, um den amerikanischen Befehlshaber zu bitten, die Stadt nicht zu beschießen. Diese zivile Übergabedelegation stieß 3 Minuten vor 12 Uhr mit einer Zille vom Braunau Ufer ab, um den hochgehenden Inn nach Simbach überzusetzen. Als Fährmann lenkte Hubert Poitner die Zille. Gemäß den Forderungen des Ultimatums gehörten der Delegation an: Für den nicht auffindbaren Bürgermeister Berger Stadtoberinspektor Kuen, Stadtrat Bäckermeister David und Polizeileutnant Hartner.

In einer zweiten Zille fuhren Hauptmann Danzinger als militärischer Parlamentär, den auf sein Ersuchen Major Grünwaldt dazu bevollmächtigt hatte, als Dolmetscher Leutnant Platt und von den Männern, die bei den Besprechungen um die Übergabe in der Kaserne anwesend waren, Schlossermeister Unterfurtner und Lokführer Hans Grabner.

General Augur nahm das Anerbieten Major Grünwalds, die Stadt "auszusparen", als militärische Erfüllung der Übergabe an. Die im US-Hauptquartier, das sich in der Apotheke in der Innstraße in Simbach befand, getroffene Vereinbarung sah vor, daß sich die deutschen Truppen auf eine Linie 3 Kilometer südlich Braunau zurückziehen und in dem Dreieck, gebildet durch die Mattig, die Linie von Aching nach Ranshofen und von da zum Inn, ab 15.30 Uhr kein Widerstand mehr geleistet werde.

Die zivile Delegation hatte die Aufrechterhaltung der Versorgungseinrichtungen zu gewährleisten und der Bevölkerung die anbefohlenen Verhaltungsmaßnahmen bekannt zu geben, was Polizeileutnant Hartner um 13.00 Uhr vor dem Rathaus tat: "Wird aus einem Haus auf amerikanische Soldaten geschossen, wird dieses Haus eingeäschert und alle Männer im Hause werden erschossen. Nach 17 Uhr darf sich kein Zivilist mehr auf den Straßen befinden. Alle Waffen, auch Jagd- und Luftdruckgewehre, sind abzuliefern, alle Fahnen und Embleme des Dritten Reiches sind einzusammeln."

Die Besetzung ab 15 Uhr vollzog sich ohne Zwischenfall. Die Soldaten waren teils über die Trümmer der beiden Brücken, teils in Schlauchbooten übergesetzt. Der erste Amerikaner, der die Stadt Braunau am Brückenkopf betrat, war ein Kriegsreporter. [3]

Hitlers Geburtshaus sollte gesprengt werden

Die Untergangspsychose...führte noch nach der Übergabe und Besetzung der Stadt am Nachmittag des 2. Mai zu einem blutigen Abenteuer. Gauleiter Eigruber hatte einer kleinen Kampfgruppe befohlen, in die Stadt Braunau einzudringen und Hitlers Geburtshaus in die Luft zu sprengen. Der Wagen wurde, als er um die Kurve bei der Arbeiterkammer bog, von einem an der Ecke Ring-Salzburger Straße stehenden amerikanischen Posten unter MG-Feuer genommen. Der Wagen kehrte um und flüchtete stadtauswärts. Durch den Beschuß waren zwei Mann des Stoßtrupps getötet und einer schwer verletzt worden. Die Überlebenden warfen bei der Straßenkreuzung in Lach die beiden Toten aus dem Wagen und legten den Schwerverwundeten darauf. Der Bauer Metz wollten den Schwerverwundeten in sein Haus führen. Auf dem Weg dahin erschoss sich dieser aber mit seiner Pistole. Daraufhin legte Metz den Toten zu den anderen beiden Leichen.

Nach vier Tagen wurden die Leichen von einem amerikanischen Auto Richtung Ranshofen weggefahren. Am 16. Mai 1946 wurden sie in der Aluminiumhütte Ranshofen in einem Schlackenhaufen aufgefunden. Bei den Toten handelte es sich um den HJ-Führer Hans Hellwagner aus Ried, um den SS--Scharführer König aus Niederösterreich und Johann Schutz aus Wimsbach. [4]

Major Wilhelm Grünwaldt: Teildarstellung über Braunau, Mai 1945

Datei:Grünwald1.png
Maj. Grünwaldt, Teildarstellung über Braunau, Mai 1945, Seite 1
Datei:Grünwald2.png
Maj. Grünwaldt, Teildarstellung über Braunau, Mai 1945, Seite 2
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Maj. Grünwaldt, Teildarstellung über Braunau, Mai 1945, Seite 3
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Maj. Grünwaldt, Teildarstellung über Braunau, Mai 1945, Seite 4
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Maj. Grünwaldt, Teildarstellung über Braunau, Mai 1945, Seite 5

Anton Platt: So erlebte ich die Übergabe der Stadt Braunau

April 1945 war ich in die Garnison Braunau zurückgekehrt. Hinter mir lag ein Einsatz des Braunauer Jäger-Ersatzbataillons II/482 am Südostwall/Raum Oberpullendorf, mit sehr tragischem Ende: Ostern 1945 hatten dort, im Chaos des Rückzuges vor den Russen, führungstechnisches Unvermögen und mangelnde Zivilcourage ca. 200 Innviertler Rekruten im Knabenalter dem sicheren Ende überantwortet. Von diesem Erlebnis zutiefst erschüttert wollte ich mich hier in Braunau, angesichts der nahenden US-Front, wenn möglich nützlich einbringen und vielleicht auch Unheil verhüten helfen. Deshalb bat ich den Bataillons-Adjutanten Lt. Baier um eine entsprechende, möglichst selbständige Funktion, abseits des Truppendienstes und Vormerk meiner profunden englischen Sprachkenntnisse. (Für den Fall des Falles...“)

Als Funktion wurde die ziemlich nutzlose „Inspektion der Panzersperren im Kreise Braunau“ bestimmt, die das einzig Positive hatte, dass ich durch diese Tätigkeit zu Planungs- und Koordinations-Besprechungen zwischen Partei- und Wehrmacht beordert wurde. Beim Thema „Militärische Sicherung des Postamtes“ sah ich eine Chance zu handeln. Ich bot mich gleich selbst für diese Aufgabe an und wurde auch damit betraut.

Die Damen der Telephon-Zentrale, denen die Aufrechterhaltung der Verbindungen oblag, bat ich, Bettzeug in die Post mitzubringen, damit ein 24-Stunden-Dienst eingerichtet werden konnte. Sie haben tapfer in dieser ungewöhnlichen Situation ausgeharrt und den wichtigen Betrieb voll aufrecht erhalten. Dieser sehr wesentliche Beitrag der Damen an der Rettung der Stadt verdient gebührend hervorgehoben zu werden! Wie mag ihnen zu Mute gewesen sein, wie haben sie gebangt, wenn sie die Weisungen von ‘‘‘Gauleiter Eigruber‘‘‘ zur Brückensprengung oder gar den Befehl, Braunau unter allen Umständen zu halten, mithörten?

Von dem dramatischen Ringen um die Durchsetzung des Bürgerwunsches zur Übergabe der Stadt bekam ich im Postamt nur fragmentarisch mit, was bei der Leitungserstellung anfiel. Als mich der Befehl, sofort zur Brücke zu eilen - „es sei keine Minute zu verlieren“ - erreichte, war mir noch nicht gesagt worden, was ich dort tun sollte. Am Ufer atemlos angekommen gab es keine Sekunde zum Überlegen. Hauptmann Danzinger bedeutete mir, unverzüglich zu ihm in die sonst nur von Zivilisten besetzte Zille zu steigen, und schon legte der Bootsführer in Richtung Simbach ab. Im Strom sah ich eine Zille, die vor uns abgelegt hatte, gegen den sehr rasch fließenden Fluss ankämpfend, Richtung auf Simbach halten. Während der Überfahrt erfuhr ich, dass die Besatzungen der zwei Zillen Braunau kampflos den US-Truppen übergeben würden: Maj. Grünwaldt, der Stadtkommandant, habe Hptm. Danzinger zum militärischen Parlamentär bestimmt, zu diesem Schritt ermächtigt, und ich solle dolmetschen. Alle an Bord - außer mir - waren schon ordnungsgemäß mit einem Stück weißem Tuche versehen. Mir musste ein Stück Gaze aus dem Verbandspäckchen um den Oberarm gelegt werden und musste genügen, es ist aber an Land prompt verloren gegangen.

Am Simbacher Ufer landeten wir etwas links von der Brückenauffahrt und unser kleiner Trupp vereinigte sich, stadtwärts gehend, mit der Besatzung der anderen Zille. Voran Hptm. Danzinger mit einem Zivilisten und ich. Aus einer Äußerung Danzingers entnahm ich, dass ihm im Augenblick ebenso mulmig war wie mir. Die Straße nach Simbach schien menschenleer. Doch noch einigen Schritten zeigte sich uns der erste US-Soldat, der hinter einem Baum in Deckung gestanden hatte. Er hieß uns unmissverständlich stehen zu bleiben und fragte mit angelegter Waffe, wohin wir wollten. Hptm. Danzinger salutierte, verwies auf seine weiße Binde und erklärte: „Wir sind Parlamentäre! Wir sind gekommen, um die Stadt Braunau an euren General zu übergeben! Wo finden wir ihn?“ Ich übersetzte. Der Soldat, jetzt offensichtlich sehr entspannt und von unseren friedlichen Absichten überzeugt, stellte sein Gewehr bei Fuß und wies mit der Hand lässig winkend, in Richtung der Stadt: “Immer nur gerade aus!“ „Schon recht, aber wo finden wir dort den General?“ fragte ich dringlich nach, denn wir wollten keine wertvolle Zeit mit der Suche verlieren! Da trat der Posten ein paar Schritte näher und antwortete mit einer Gegenfrage im besten US-Army Jargon: “Schon ´mal einen General in vorderster Linie gesehen, Buddy?“

Diese so menschliche Reaktion bei der ersten Begegnung mit dem US-Militär lockerte die latente psychische Spannung unserer Gruppe auf. Wir gingen jetzt mit Zuversicht weiter, überzeugt vom guten Gelingen unserer Mission! Irgendwie, ich weiß heute nicht mehr Bescheid wie, hatte ich in Erfahrung gebracht, der General habe seinen Gefechtsstand in der mir bekannten Apotheke in der Innstraße bezogen. Dorthin zogen wir und wurden seit der ersten Begegnung nicht mehr aufgehalten oder nach Waffen durchsucht. Wie es geschehen konnte, weiß ich bis heute nicht: Ich verlor plötzlich die Gruppe! Stand vor der mir bekannten Apotheke, ging hinein, um kurz Erkundigungen einzuziehen. Der General sei im Schlafzimmer im ersten Stock etabliert, wurde mir beschieden.

Um die Gruppe rasch einweisen zu können, wollte ich mir Ortskenntnis verschaffen, gelangte im ersten Stock durch einen Raum mit Soldaten, an dessen Ende ein einzelner Soldat in einem Nebenzimmer schreibend saß. Ihn wollte ich fragen: Es war der General persönlich! Völlig verdattert stotterte ich herum, wusste vor Verlegenheit zunächst nicht, wo und wie ich beginnen sollte: Wir seien gekommen, um die Stadt Braunau zu übergeben, sagte ich. Die Anderen würden gleich auftauchen, ich sei nur der Dolmetscher, habe keine militärische Vollmachten etc.! Der General, meiner Verlegenheit bewusst, nickte nur sehr gönnerhaft, hieß mich Platz nehmen und befahl mir, ihm auf der vorgelegten Landkarte zu zeigen, wie weit sich die deutschen Truppen schon zurückgezogen hätten. Ich bedauerte, aus Unkenntnis der aktuellen Lage nicht mit konkreten Angaben dienen zu können, versicherte ihm aber, dass die Truppe schon weitestgehend in Auflösung sei und meines Wissens ein Raum südlich Braunau bis zum Schießplatz im Lachforst truppenfrei gehalten werde. Ich zeigte die Stelle auf der Karte. Mir war dabei nicht wohl zu Mute, konnte ich doch nichts Verbindliches zusagen. Doch die Ruhe und menschliche Wärme die der General vermittelte, blieb nicht ohne Wirkung auf mich, den noch nicht 23-jährigen. Der General wechselte das Thema und erkundigte sich, wo ich herkäme etc. Mitten in meine Erklärungen hinein kam endlich unsere Gruppe, angeführt von einem US-Soldaten, der sich als der Dolmetscher der Panzereinheit entpuppte und fortan die Gespräche übersetzte. Die offizielle Übergabe konnte endlich vollzogen werden. Nach der Verabschiedung hörte ich noch halblaut des Generals vorwurfsvolle Bemerkungen an den Stab, dass die militärischen Parlamentäre ohne Eskorte und Augenbinde bis zu ihm vordringen konnten.

Auf dem Wege zurück an den Inn begleiteten unsere Gruppe einige US-Soldaten, darunter ein sehr jovialer Oberleutnant, der sich interessiert über meine Erfahrungen an der Ostfront und über die Stimmung und Lebensbedingungen der Braunauer Bevölkerung erkundigte. Auch begann er über sich zu plaudern, als wären wir alte Bekannte...!

Zurück in Braunau sagte Hptm. Danzinger, er suche jetzt den Gefechtsstand von Major Grünwaldt auf, den er bei Burgkirchen vermute. Ich solle dorthin per Rad nachkommen. Zuvor möge ich den Soldaten am „Sammelpunkt / Schießstätte Lachforst“ die vollzogene Übergabe und die Bedingungen bekannt geben. Ich fuhr per Rad hin, fand einen gemischten Trupp aus Einsatzmüden, Versehrten und pflichtbewusst Kampfesbereiten samt Offizieren vor. Ich berichtete und wurde sofort wegen der Teilnahme an der Übergabe als „Wehrkraft-Zersetzer“ mehrfach hart bedroht. Verstärkungen seien im Anmarsch, um Braunau zurück zu erobern. Laut Befehl dürfe niemand den Sammelpunkt verlassen. Alle Hinweise darauf, dass dies gegen Kriegsrecht verstoße, also ein tödliches Risiko darstelle, wurden in den Wind geschlagen. Ich zog vor, keinen Helden zu spielen und abzuwarten. An der Strassengabelung Neue Heimat - Ranshofen musste ich dann leider noch Zeuge des unseligen, abendlichen Angriffs auf Braunau werden. Da ich mich auch tags darauf in Braunau nicht sicher fühlte, radelte ich nach St. Johann am Walde, wo ich vorübergehend Zuflucht fand. Nach kurzer Zeit endete dann im Reservelazarett Mauerkirchen endgültig auch diese Episode meiner Militärzeit. [5]

Chronik der letzten Kriegstage in Braunau/Simbach [6]

30. April 1945

Erste und letze Bombenopfer des Krieges:1 Ein Flugzeug warf vormittags Bomben auf das Postamt in Simbach und auf das Bahngelände in Braunau, das selbst nicht getroffen wurde. Eine Bombe traf aber das Siedlungshaus in der Josef-Reiter-Straße in Höft und tötete in dem behelfsmäßigen Luftschutzkeller alle Hausbewohner: Frau Amalie Waglhuber (44), ihren 12-jährigen Sohn Wilhelm, Frau Johanna Fischer (40) und deren 11-jähriges Töchterlein Ursula. Der beim Bombenwurf auf das Postamt Simbach schwer verletzte Postschaffner Heinrich Penninger starb am 2. Mai im Krankenhaus in Braunau.

Die Hinrichtung von Georg Hauner aus Simbach/Inn

Am selben Tage abends gegen 21.00 Uhr wurde in Thal, am Rande der Innau, nahe dem Lechnergut (heute Stadtgut), der Soldat Georg Hauner, 20 Jahre alt, der in Simbach, Flurstraße 4, (Heraklithsiedlung) zu Hause war, wegen Fahnenflucht erschossen und an Ort und Stelle begraben. Seit Jahren erinnert ein Marterl daran. Die Leiche Hauners wurde am 7. Jänner 1946 ausgegraben und im Familiengrab seiner Mutter - geborene Gerner - im Friedhof von Ranshofen beigesetzt.

Georg Hauner war von einem Wiener Lazarett beim Anmarsch der Russen nach Hause beurlaubt worden und hätte am 25. oder 26. April wieder zu seiner Einheit nach Augsburg einrücken sollen. Hauner wollte angesichts des Vordringens der Amerikaner deren Ankunft zu Hause abwarten. Er ist aber offenbar verraten worden und wurde am 30. April vormittags in Simbach vor ein Standgericht gestellt. Es wurde auf Betreiben eines SS-Majors eingerichtet und dafür auf seine Aufforderung der Gerichtsoffizier des Braunauer Ersatzbataillons II/482, Dr. Brixner, als Vorsitzender des Standgerichts bestellt.

Das Standgericht, das sich - außer Dr. Brixner - noch aus einem Obergefreiten des Braunauer Bataillons und einem unbekannten Hauptmann zusammensetzte, fällte nicht das erwartete Todesurteil, sondern trat den Fall an das ordentliche Divisionsgericht ab, was praktisch einem Freispruch gleichkam, weil ja die US-Truppen schon unmittelbar vor Simbach standen. Auch in einem zweiten Fall von Fahnenflucht wurde so entschieden. Dieses Urteil des Standgerichtes, das Hauner retten wollte, wurde von dem betreibenden SS-Major nicht anerkannt, das Standgericht aufgelöst und ein neues gebildet, das dann das geforderte Todesurteil gegen Hauner aussprach.

Der Major erschien dann gegen 18.00 Uhr in der Kaserne in Braunau mit dem Todesurteil und forderte die sofortige Exekution, die er selbst leitete. Der Name des Majors war den Zeugen nach dem Kriege nicht mehr bekannt. Die Untersuchung der Gendarmerie Braunau erhob zwar den Verdacht gegen eine bestimmte Person in der Bundesrepublik, doch konnte er nicht bestätigt werden.

1. Mai 1945

Sirenenalarm kündigte die Brückensprengung an. Sie erfolgte um 12 Uhr. Die Straßenbrücke flog mit zwei Wasserpfeilern in die Luft. Die Tragwerke stürzten, mit Ausnahme des Tragwerkes über das Überschwemmungsgebiet in Simbach, ab. Durch den Luftdruck und durch Trümmer wurden Dächer beschädigt.

Die Amerikaner zeigten ihre Ankunft durch zwei Panzergranatenschüsse in den Braunauer Kirchturm an. Eine traf das Zifferblatt. Die Turmuhr blieb um 12.45 Uhr stehen. Ein zweiter Schuß riß ein Loch in die Kuppel.

Die Eisenbahnbrücke wurde erst am Nachmittag gesprengt, weil der Sprengoffizier wegen des amerikanischen MG-Feuers nicht an den Zündhebel hatte herankommen können. Abgesprengt wurden die vier Tragwerke über Wasser und der Pfeiler am Braunauer Ufer. Vereinzelte Granatschüsse trafen die Stadt Braunau. Die Umgebung stand unter leichtem Störfeuer, insbesondere Burgkirchen. Durch einen Granattreffer im Transformator im Hintergebäude des Rathauses wurde die Stromversorgung der Innenstadt lahmgelegt. Durch Granatsplitter wurde vor dem Rathaus der aus Wien stammende Polizeioberleutnant Leopold Raab so schwer verletzt, dass er am 2. Mai im Krankenhaus starb. Ein Versuch, auf dem Stadtplatz Braunau weiße Fahnen zu hissen, misslang.

2. Mai 1945

Amerikaner marschieren in Braunau ein, 2. Mai 1945 Die Nacht in der Stadt Braunau war verhältnismäßig ruhig verlaufen. Das amerikanische Störfeuer bestrich vor allem Zufahrtswege, insbesondere im Raum von Burgkirchen, wo schwere Schäden, u. a. am Kirchendach, angerichtet wurden. In der Nacht hat es geschneit. Die Ereignisse dieses Tages wurden im Zuaammenhang geschildert. Festzuhalten ist, dass sich ohne Nachrichtenmittel durch mündliche Weitergabe und Mundpropaganda rasend schnell die Nachricht von dem amerikanischem Ultimatum - das Gerücht hatte sich als richtig herausgestellt - und die Aufforderung zur Hissung weißer Fahnen und zur Demonstration vor der Kaserne verbreitet haben.

Übergabe und Besetzung waren ohne Menschenopfer verlaufen. Nachts gab es das einzige Todesopfer der Besetzung: Ein Wehrmachtsfahrer aus Wien namens Wiederwert, hatte in Zivil um 22 Uhr, zu Zeit des Ausgangsverbotes, ein Mädchen heimbegleitet und war in der Berggasse auf Anruf eines US-Soldaten nicht stehengeblieben und davongelaufen. Er wurde von einer Maschinenpistolengarbe im Rücken tödlich getroffen.

Auf einem Abstellgleis des Bahnhofes sind Waggons, darunter zwei Waggons mit Butter, zerstört und verbrannt worden. Am 2. Mai wurde noch die Eisenbahnbrücke über die Mattig gesprengt, sodass Braunau bis zur Fertigstellung der Behelfsbrücke - Mitte Juni - von Zügen nicht angefahren werden konnte.

Nach dem 2. Mai

Die 13. US-Division setzte auf einer Pontonbrücke unterhalb der Straßenbrücke über den Inn. Die Überfahrt dauerte Tag und Nacht. Die Truppen stießen rasch nach Osten vor. Da ostwärts keine Brücken mehr gesprengt waren, verblieben die Brückenpioniere der 13. Division längere Zeit in Braunau. Die Pioniere hatten die Pontonbrücke an den Tragwerken der gesprengten Brücke verankert. Dadurch wurden infolge der starken Wasserströmung des hochgehenden Inn die Tragwerke verformt, ihre Hebung auf provisorische Joche für eine Behelfsbrücke war damit verunmöglicht worden. Die Eisenbahnbrücke wurde mit einem Kriegsbrückengerät, das heute noch dient, wiederhergestellt und am 18. Dezember 1946 eröffnet. Der Neubau der Straßenbrücke zog sich längere Zeit hin. Sie wurde für den Fußgängverkehr zu Weihnachten 1950 (22. Dezember), für den Fahrverkehr zu Pfingsten 1951 (Mittwoch, 16. Mai) eröffnet. Bis dahin diente die Seilfähre dem Personenverkehr. Der Fahrverkehr mußte die Umwege über den Staudamm von Ering - der dafür aber wieder gesperrt wurde - und über Burghausen abgewickelt werden.

Einzelnachweise

  1. Hochspringen FINK Hans: Das Kriegsende 1945 am Inn. Erinnerungen an das Kriegsende in Braunau und Simbach am 2. Mai 1945. Heimat am Inn Band 1, Simbach am Inn (Verlag Vierlinger) 1972, S. 100 - 113.
  2. Hochspringen FINK Hans: Das Kriegsende 1945 am Inn. Erinnerungen an das Kriegsende in Braunau und Simbach am 2. Mai 1945. Heimat am Inn Band 1, Simbach am Inn (Verlag Vierlinger) 1972, S. 100 - 113.
  3. Hochspringen FINK Hans: Das Kriegsende 1945 am Inn. Erinnerungen an das Kriegsende in Braunau und Simbach am 2. Mai 1945. Heimat am Inn Band 1, Simbach am Inn (Verlag Vierlinger) 1972, S. 100 - 113.
  4. Hochspringen FINK Hans: Das Kriegsende 1945 am Inn. Erinnerungen an das Kriegsende in Braunau und Simbach am 2. Mai 1945. Heimat am Inn Band 1, Simbach am Inn (Verlag Vierlinger) 1972, S. 100 - 113.
  5. Hochspringen Der Text von Anton Platt "So erlebte ich die Übergabe der Stadt" wurde im Buch "Endlich vorbei" abgedruckt, das der Verein für Zeitgeschichte herausgegeben hat; Verlag innsalz / W. Maxlmoser.
  6. Hochspringen FINK Hans: Das Kriegsende 1945 am Inn. Erinnerungen an das Kriegsende in Braunau und Simbach am 2. Mai 1945. Heimat am Inn Band 1, Simbach am Inn (Verlag Vierlinger) 1972, S. 100 - 113.