Gemeindepolitik 1918 - 1945: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 4. September 2013, 14:46 Uhr

Braunau - braune Stadt?

Von Mag. Florian Kotanko (*): Eine weit verbreitete und für Braunau bis heute äußerst negative Assoziation verbindet den Namen der Stadt mit brauner = nationalsozialistischer Vergangenheit. Die älteste urkundliche Erwähnung einer Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Braunau findet sich in einer Schenkungsurkunde des bayrischen Herzogs Heinrich IX. aus dem Jahre 1125 [1]. In dieser Urkunde wird erwähnt, dass neben anderen Gütern auch das "praedium Brunove" den "an der Pankrazkirche nach der Regel des hl. Augustinus Christus dienenden Brüdern" [2] geschenkt werde.

Andere belegte Namensformen sind Brunovve, Brunaugia, Pronowe, Prunowe, Prunov, Prunou, Prounaw, Prunauwe u.a. Wenngleich die Erklärung der Herkunft des Namens "Braunau" unterschiedlich war, so wird in der letzten Untersuchung eindeutig festgehalten: "Die Erklärung des Namens "Braunau" ist "einfach und absolut sicher. Er kann nach den Gesetzen der Sprachentwicklung nur 'braune Au' bedeuten, keineswegs aber 'Brunnenau' oder 'brave Au!" Die Bezeichnung "braune Au" sei als Flurname für die Gegend zwischen Enknach und Mattigmündung anzusehen. [3]

Der Name Braunau ist also mit "braun" zu verbinden; wie kam es allerdings zur Verbindung NSDAP-braun?

Politische Symbole hatten stets die Funktion, die eigene Gruppe gegen andere abzugrenzen und so besonders hervorzuheben; der moderne Begriff von corporate identity ist durchaus auch darauf zu beziehen. Wesentliche Mittel dazu sind etwa Hymnen, Fahnen und Uniformen.

Die Farbe Braun ist dabei schon in den Anfangsjahren der NSDAP nachweisbar, wenngleich es auch andere Farben gab, zu welchen Nationalsozialisten eine besondere Beziehung (haben) hatten. So heißt es im Polizeibericht über eine Parteiveranstaltung am 20. September 1920 [4]: "Kessler erklärt kurz die nationalsozialistische Flagge: Das Rot bedeutet, daß wir Sozialisten, aber wahre und keine Phrasendrescher, sind, das heißt [das Weiß?], daß wir national sein wollen, und das schwarze Hakenkreuz, daß wir strenge Antisemiten sind.Unter dieser schwarzweißroten, der alten Flagge (lebhafter Beifall) wollen wir weiterkämpfen und schließlich auch siegen (lebhafter Beifall)." Ähnliches schreibt Hitler selbst in "Mein Kampf". [5] Für die SA ist zwar von "jedermann kenntlicher Kleidung" [6] die Rede, aber anfänglich noch nicht allgemein von den später charakteristischen "Braunhemden", wenn es in einer Darstellung des Hitlerputsches vom November 1923 heißt: "Unterdessen zogen die alarmierten SA-Männer ihre Uniform an - feldgraue Windjacken [7] mit einer Hakenkreuzbinde, feldgraue Skimützen und Pistolengürtel." [8]

Der selbe Autor berichtet erst in der Beschreibung der Situation Ende 1926: "Die offizielle Uniform der SA war das Braunhemd mit braunem Binder. Die Wahl dieser Farbe war Zufall; eine große Lieferung von Hemden, die ursprünglich für die deutschen Kolonialtruppen in Ostafrika bestimmt waren, konnten zu günstigen Großhandelspreisen erworben werden." [9]

Auch Heinz Höhne [10]stellt über die SA-Uniform fest: "Daß die SA-Männer Braunhemden trugen, war nur ein Zufall; einem SA-Führer war ein größerer Posten von Braunhemden, ursprünglich für die Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika bestimmt, angeboten worden, und so war das Braun in die Partei gekommen."

Über die näheren Umstände führt G. Rossbach in seinem Erinnerungsbuch aus: "Im Jahre 1921 hatte ich mit einigen Leuten der Arbeitsgemeinschaft Rossbach eine Radfahrt nach Ostpreußen unternommen. Um für diese Fahrt einheitlich ausgerüstet zu sein, wurde ein Restposten ostafrikanischer Lettowhemden, wie sie zuletzt die Offiziere der Schutztruppe getragen hatten, käuflich erworben und an die Radfahrer verteilt. Diese Hemden waren beige-braun, also viel heller als die späteren Hitler-Hemden und mit weißen Perlmuttknöpfen besetzt. Später habe ich diese Hemden als Gemeinschaftskleidung in meiner Organisation [...] eingeführt. Durch Edmund Heines wurden sie dann für die SA übernommen und auch vertrieben. Ihre Farbe wurde von Monat zu Monat dunkler." [11]

Eine ähnliche Entwicklung der Uniformierung der SA von Windjacken und grauen Skimützen (für 1922) zu den "Lettow-Hemden" (Mai 1924) und schließlich zu den "Braunhemden" (1926) beschreibt Peter Longerich. [12] In einer weiteren aktuellen Behandlung des Themas [13] werden die oben gemachten Aussagen bestätigt und ergänzt: Teile der SA trugen erstmals 1921 in Anlehnung an das "Lettowhemd" der deutschen Schutztruppe in Ostafrika eine braune Uniform, die seit 1924/25 öffentlich zu Propagandazwecken getragen wurde und 1926 den Rang einer Parteiuniform erhielt, die jeder Parteigenosse nach zweijähriger Zugehörigkeit zur Partei [14] tragen durfte.

In einer Meldung des Bezirksamtes Vilsbiburg an das Bayerische Staatsministerium des Innern über eine Kundgebung am 6. März 1926 in Vilsbiburg, auf der Hitler zum erstenmal nach zwei Jahren wieder sprach, wird die Farbe der Uniform der SA als "braungelb" bezeichnet: "Bereits am Vormittage trafen aus verschiedenen Orten der Umgebung, Landshut, Freising usw., die SA-Truppen ein, welche in ihren bekannten Uniformen (braungelbe Jacke) unter Vorantragung ihrer Standarten und Fahnen mit Hakenkreuzabzeichen in militärischer Ordnung singend einzogen und dann sich auflösten."[15]

In einem Bericht der Polizeidirektion München über die NSDAP-Versammlung am 9. März 1927 im Zirkus Krone ist erstmals von "Braunhemden" die Rede: "Die Bühne ist für hervorragende Parteimitglieder und den Redner reserviert. Auch die Logenplätze scheinen, da sie von Braunhemden verteilt werden, für besondere Parteileute vorgesehen zu sein." [...] "Im Zirkus selbst befinden sich etwa 200 Braunhemden" [...] Da brausen vom Eingang her Heilrufe, Braunhemden marschieren herein, die Musik spielt, der Zirkus spendet lärmenden Jubel, Hitler erscheint im braunen Regenmantel, geht rasch in Begleitung seiner Getreuen durch den ganzen Zirkus bis hinauf zur Bühne." [...] Unter der tosenden Begrüßung der Zuschauer marschieren nun Braunhemden in Reih und Glied herein, voran zwei Reihen Trommler, dann die Fahne."[16]

Zwei Jahre später ist von "braunen Kämpfern" die Rede, wenn es in Hitlers eigenem, im "Illustrierten Beobachter" erschienenen Bericht über den 4. Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg (1.-4.August 1929) heißt: "Über und über mit Blumen überschüttet, ziehen die braunen Kämpfer des Dritten Reiches dreieinhalb Stunden in schnellem Schritt vorbei."[17]

Am 5. Juni 1930 wurde ein Uniformverbot in Bayern verhängt, am 11. Juni 1930 das Verbot der Braunhemden in Preußen ausgesprochen. "Die SA trägt daraufhin weiße Hemden."[18] Nach dem großen Wahlsieg der NSDAP wenige Wochen später (14. September 1930) kommt es bei der Reichstagseröffnung am 13. Oktober 1930 zu einer Demonstration: "Die 107 nationalsozialistischen Abgeordneten ziehen im Braunhemd ein"[19] Nach Hitlers Machtantritt (31. 1. 1933) konnte eine "Beleidigung" des"Braunhemdes", das als "Ehrenkleid" galt, verfolgt werden. [20]

Auch in Österreich war das "Braunhemd" schon in den Anfangsjahren der NSDAP als Parteiuniform gebräuchlich; nach der Parteispaltung 1925/26 in eine "Hitler-Bewegung" und die Gruppe um Karl Schulz vertauschten die nationalsozialistischen Anhänger von Schulz die braunen Hemden mit grauen.[21]

Neben dem "Braunhemd" gibt es eine Reihe von anderen "braunen" Symbolen, von denen aber das "Braune Haus" das bekannteste sein dürfte: Am 26. Mai 1930 kauft die NSDAP mit Hilfe einer Industriespende (der Herren Thyssen und Flick) und einer außerordentlichen Parteispende das ehemalige Barlow-Palais in München, Brienner Straße 45, als künftigen Sitz der Reichsparteileitung. [22]

Nach gründlichem Umbau wurde es am 1. Januar 1931 bezogen. [23] Im Volksmund schnell als "Braunes Haus" bezeichnet, wurde die Bezeichnung bald von der Partei offiziell übernommen; das Braune Haus war wesentliches Element des Parteizentrums der NSDAP um den Münchner Königsplatz. Im Verlauf des Krieges von Bomben schwer beschädigt, wurde die Ruine des Braunen Hauses nach Kriegsende abgetragen. [24] Ein ursprünglich zum "Braunen Haus" gehörender Kanzleibau ist allerdings erhalten und wird von staatlichen Museumseinrichtungen genutzt. [25]

"Braune Häuser" gab es allerdings auch in Oberösterreich, so in Linz (Ecke Volksgartenstraße - Weingartshofstraße) [26] und Wels (am Wilhelmring). [27]

Braun wurde also zur Benennung von Institutionen und Organisationen, von Menschen und Gegenständen verwendet und durch das Braunhemd – als vermutlich auffallendstem Bestandteil der politischen Uniform der NSDAP – zur Symbolfarbe für den Nationalsozialismus, vergleichbar dem Rot für den Sozialismus und Kommunismus oder dem Schwarz für den italienischen Faschismus, geworden.


(*} KOTANKO Florian: Braunau am Inn 1919 - 1938. Ungedruckte Hausarbeit für das Lehramt aus Geschichte, vorgelegt an der Universität Innsbruck 1974, S. 74f.

[1] HIERETH Sebastian: Geschichte der Stadt Braunau am Inn, 1. Teil, S.67, SCHMIDT Rudolf: DieRanshofener Pfalz. In: 12. Jahresbericht des BG und RG Braunau am Inn 19971/72, S. 8

[2] Schmidt, Pfalz, S. 8

[3]GLECHNER Gottfried: Unsere Namen. Kleine Namenkunde des Bezirkes Braunau am Inn.Sondernummer von "Das Bundwerk", Schriftenreihe des Innviertler Kulturkreises, S. 24

[4] Der Aufstieg der NSDAP in Augenzeugenberichten. Herausgegeben und eingeleitet von Ernst Deuerlein. München 5. Aufl. 1982, S. 122f.

[5] HAMANN Brigitte:Hitlers Wien. Lehrjahre eines Diktators. München-Zürich (Piper) 2. Aufl. 1996,zitiert auf S.300 aus Hitlers "Mein Kampf" (Zitat nach der einbändigen Volksausgabe, S. 557): "Als nationale Sozialisten sehen wir in unserer Flagge unser Programm.Im Rot sehen wir den sozialen Gedanken der Bewegung, im Weiß den nationalistischen, im Hakenkreuz dieMission des Kampfes für den Sieg des arischen Menschen."

[6] Deuerlein, Aufstieg S. 264 f.: Am 1. November 1926 errichtet Hitlerals zentrale Leitung die "Oberste SA-Führung" und ernennt zum "Obersten SA-Führer" den Gauleiter und SA-Führer der Gaues Ruhr, Hauptmann a.D. Franz von Pfeffer. In einem Brief Hitlers an den" Obersten SA-Führer" über Aufbau und Tätigkeit der SA wird festgehalten:"Um von vornherein jeden geheimen Charakter der SA zu verhüten, muß, abgesehen von ihrer sofort jedermann kenntlichen Kleidung, schon die Größe ihres Bestandes ihr selbst den Weg weisen, welcher der Bewegung nützt und aller Öffentlichkeit bekannt ist."

[7] Nach der Angabe bei SCHMITZ-BERNING Cornelia: Vokabular des Nationalsozialismus. Berlin –New York2000 S. 128, gibt es im"Ehrenbuch der SA", das dem Verfasser nicht zugänglich war, ein Kapitel "Von der Windjacke zum Braunhemd".

[8] TOLAND John: Adolf Hitler, Bergisch Gladbach 1977, S. 208

[9] Toland, Hitler, S. 300

[10] HÖHNE Heinz: Die Machtergreifung. Deutschlands Weg in dieHitler-Diktatur. Reinbek 1983, S. 120

[11] Schmitz-Berning, Vokabular, S. 128f. Zitat aus Rossbach, G.: Mein Wegdurch die Zeit. Erinnerungen und Bekenntnisse. Weilburg/Lahn 1950, S.89f., zitiert bei Weißmann Karlheinz: Schwarze Fahnen, Runenzeichen. Die Entwicklung der politischenSymbolik der deutschen Rechten zwischen 1890 und 1945. Düsseldorf 1991, S. 164

[12] LONGERICH Peter: Die braunen Bataillone. Geschichte der SA. München 1989, S. 28, 46, 58; die SA- Männer hatten übrigens ihre Uniform stets selbst zubezahlen, wie Longerich S. 94 festhält

[13] JENSEN Uffa: Braunhemd. In: Enzyklopädie des Nationalsozialismus. Herausgegeben von Wolfgang Benz, Hermann Graml und Hermann Weiß, 2. Aufl. München 1998, S. 403

[14] WAGNER H.:Taschenwörterbuch des neuen Staates, 2. Auflage 1934, S. 34, zitiert beiSchmitz-Berning, Vokabular, S. 129

[15] zitiert bei Deuerlein,Aufstieg S. 268

[16] zitiert bei Deuerlein, Aufstieg S. 269 - 271

[17] zitiert bei Deuerlein, Aufstieg, S. 302

[18] zitiert bei Deuerlein, Aufstieg, S. 310

[19] zitiert bei Deuerlein, Aufstieg, S. 320

[20] Jensen, Braunhemd, S. 403

[21] PAULEY Bruce F.: Der Weg in den Nationalsozialismus. Ursprünge undEntwicklung in Österreich. Wien 1988, S. 56

[22] GRAMMBITTER Ulrike: Vom "Parteiheim" in der Brienner Straße zu den Monumentalbauten am "Königlichen Platz". Das Parteizentrum der NSDAP am Königsplatz in München. In: BÜROKRATIE UND KULT: das Parteizentrum der NSDAP am Königsplatz in München, 2 Teile, München 1995, S. 61 - 88

[23] zitiert bei Deuerlein, Aufstieg, S. 31

[24] WEIHSMANN Helmut: Bauen unterm Hakenkreuz: Architektur des Untergangs. Wien 1998, S. 661

[25] Weihsmann, Bauen, S. 45

[26] SLAPNICKA Harry: Oberösterreich zwischen Bürgerkrieg und "Anschluß" (1927 - 1938).Linz 1975, S. 266. Die Umstände der Erwerbung des Linzer "Braunen Hauses" beschreibt kurz DOSTAL Thomas: Das "braune Netzwerk" in Linz 1933-1938. In: Nationalsozialismus in Linz. Herausgegeben von Fritz Mayrhofer – Walter Schuster, Linz 2001. Bd. 1, S. 35

[27] Slapnicka II, S. 268; Slapnicka erwähnt auch unter dem Datum 12. 6. 1933 die Schließung von 60 "Braunen Häusern" in Österreich

Braunau: Wahlergebnisse 1919 - 1931

Wahl Jahr Wahlberechigt Gültige Stimmen Christl. Soziale  % Großdeutsche Partei  % Sozialdemokraten  % Sonstige Mandate im Gemeinderat
NR 1919 2447 2087 458 21,95 754 36,13 36,13 41,93 - -
LT 1919 2501 1745 474 27,16 503 28,83 768 44,01 - -
GA 1919 2501 1752 474 27,05 509 29,05 769 43,69 - 6:7:11
NR 1920 2496 1933 605 31,30 640 33,11 672 34,76 161 -
GA 1921  ? 2255 487 21,60 548 24,30 1039 46,07 1812 5:6:11:2
NR 1923 2853 2539 1076 42,38 598 23,55 865 34,07 343 -
GA 1924  ? 2478 936 37,78 682 27,52 710 28,65 1504 9:7:7:1
LT 1925  ? 2420 14095 58,22 - - 840 34,71 1716 -
NR 1927 3107 2715 15577 57,35 - - 1050 38,67 1088 -
GA 1929 3110 2737 1142 41,72 7019 25,61 894 32,66 - 13:710:10
NR 1930 3185 2910 1010 34,71 60811 20,89 1035 35,57 9212 3913 12614 -
LT 1931 3227 2696 1190 44,14 449 16,65 874 32,42 11615 6716 -

1 KPÖ

2 Unpolitische Arbeitsgemeinschaft geistiger Arbeiter (Neustädter-Stürmer)

3 Splittergruppen

4 Nationalsozialistische Partei; Stimmenanteil 6,05 %

5 gemeinsame Kandidatur Christlichsoziale Partei und Großdeutsche Partei

6 Nationalsozalistische Partei;Stimmenanteil 7,06 %

7 gemeinsame Kandidatur Christlichsoziale Partei und Großdeutsche Partei [1] Nationalsozialistische Partei +Landbund; Stimmenanteil 3,98 % [1] Völkische Wahlvereinigung (Großdeutsche+ Landbund + Nationalsozialisten); Stimmenanteil 25,61 % [1] Großdeutsche 5, Landbund undNationalsozialisten je 1 [1] Schoberblock [1] Nationalsozialistische Partei;Stimmenanteil 3,16 % [1] Landbund [1] Heimatblock [1] Nationalsozialistische Partei;Stimmenanteil 4,30 % [1] Heimatblock

Gemeindewahlen 1919

Von Mag. Florian Kotanko(*): Für Braunau die weitreichendsten Folgen hatte ohne Zweifel die Wahl des Gemeindeausschus­ses am 18. Mai 1919. Bis dahin hatte der seit 1909 amtierende Bürgermeister Josef Bautenba­cher die Stadt zur allgemeinen Zufriedenheit geführt. Er stellte sich 1919 nicht mehr zur Wahl. In der ersten Sitzung des Gemeindeausschusses nach dem Zusammenbruch, am 22.11.19181, hatte er den Antrag gestellt, den Gemeindeausschuß durch zwei Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei zu ergänzen, da er wußte, daß diese Partei unter der Bevölkerung große Sympathien genoß. So war es auch nicht weiter verwunderlich, daß am Abend des Wahltages die Sozialdemokraten die großen Sieger waren, hatten sie doch 11 von 24 Sitzen erobert, die Freiheits- und Ordnungspartei 7, die Christlichsozialen nur 6.2

Die Mitglieder des ersten republikanischen Gemeindeausschusses:
Sozialdemokratische Partei
Kornelius Flir, Fachlehrer
Wimmer Josef, Oberverschieber
Sattlecker Johann, Soldatenrat
Müller Hubert, Kaufmann
Kozian Johann, Werkmeister
Gann Franz, Bräuer
Aigner Johann, Bindermeister
Wolkersdorfer Adolf, Bautechniker
Heider Alois, Beamter
Hoffmann Franz, Bräuer
Konitsch Rudolf, Seiler.

Freiheits- und Ordnungspartei: Gscheidlinger Rudolf, Goldarbeiter
Dr. Pascher Adalbert, Stadtarzt
Hermandinger Robert, Arbeiter
Bauer Josef, Uhrmacher
Stechl Engelbert, Bräuer
Dr. Kundratitz, Rechtsanwalt
Nöbauer Engelbert, Bäckermeister

Christlichsoziale Partei:
Gallhuber Johann, Tischlermeister
Schrotzhammer Laurenz, Maurer
Spielbauer Josef,Tischlermeister
Moser Alois, Ökonom
Höglinger Leopold, Geschäftsleiter
Schmid Josef, Schuhmachermeister3

Am 6. Juni 1919 konstituierte sich der neugewählte Gemeindeausschuß und wählte im 3. Wahlgang den Fachlehrer Kornelius Flir mit 14 Stimmen zum Nachfolger von Josef Bauten­bacher als Bürgermeister der Stadt Braunau. Der Gegenkandidat Dr. Pascher bekam 9 Stimmen, ein Stimmzettel war leer. Zum Vizebürgermeister wurde ebenfalls ein Angehöriger der sozialdemokratischen Fraktion, der Kaufmann Hubert Müller, gewählt. Gemeinderäte wur­den Oberingenieur Waltl (obwohl er nicht in den Gemeindeausschuß gewählt wor­den war), Dr. Pascher, Gallhuber und Kozian. Der bisherige Bürgermeister Josef Bautenbacher wurde einstimmig zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.


* Hausarbeit zur Erlangung des Lehramtes für Geschichte zum Thema "Braunau (Oberöst.) 1919 - 1939, 24. Mai 1994, Mag. Florian Kotanko

1GA 22.11.1918

2Von 2501 Wahlberechtigten gaben 1752 gültige Stimmen ab; die Sozialdemokraten erhielten 769, die Freiheits- und Ordnungspartei 509, die Christlichsoziale Partei 474 Stimmen

3 Neue Warte am Inn, 1919

1920: Erste Anzeichen der NSDAP in Braunau

In das Jahr 1920 fällt das erste Anzeichen der Tätigkeit einer Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei. Sie stellte an den Gemeindeausschuß das Ansuchen, in Wohnungssachen besser informiert zu werden. Das Ansuchen wurde zurückgewiesen, da die Partei ohnehin einen Vertreter in die Wohnungsvergabekommission entsenden könne und da­durch eine bessere Information gewährleistet werde.1

1 Gemeinderatsausschuss 1.12.1920

Nationalratswahlen 1920

Der Wahlkampf für die Nationalratswahl am 17. Oktober 1920 verlief in voller Ruhe. Das Er­gebnis zeigte gegenüber 1919 für die Christlichsozialen einen Gewinn von 147, für die Groß­deutschen einen Verlust von 114, für die Sozialdemokraten einen Rückgang um 96 Stimmen.1

1Bei der Nationalratswahl am 17.10.1920 waren in Braunau 2496 Personen wahlberechtigt,1933 gaben gültige Stimmen ab. Davon entfielen 605 auf die Christlichsozialen, 640 auf die Großdeutschen und 672 auf die Sozialdemokraten

Gemeindewahlen 1921

Korrektur Gemeinderatswahl 1921

Vor der Gemeinderatswahl 1924

Gemeinderatswahl 1924

Am 6. April 1924 fanden in ganz Oberösterreich Gemeindewahlen statt, die in Braunau ein überraschendes Ergebnis brachten. Es kandidierten diesmal vier Parteien, die Sozialdemokrati­sche, Großdeutsche, Christlichsoziale und Nationalsozialistische. Die großen Verlierer waren die Sozialdemokraten, die 329 Stimmen und vier Sitze im Gemeindeausschuss verloren, somit nur mehr 7 Vertreter entsenden konnten. Die Großdeutschen hatten 134 Stimmen gewonnen und stellten weiterhin 7 Gemeindeauschussmitglieder. Die Nationalsoziali­sten, die erstmals selbständig in der "Geburtsstadt des Führers" kandidierten,bekamen 150 Stimmen und ein Mandat.

Die großen Gewinner der Wahl waren die Christlichsozialen, die 449 Stimmen mehr als am 6. November 1921 erhielten und mit 9 Mandaten zur stärksten Fraktion im Gemeindeausschuss wurden.1 2

1Bei der Gemeindeausschußwahl am 6. April 1924 gaben 2478 Personen gültige Stimmen ab. Davon entfielen auf die Christlichsoziale Partei 936, die damit 9 Mandate erreichte, auf die Großdeutsche Partei 682 Stimmen und 7 Mandate, auf die Sozialdemokratische Partei 710 Stimmen und 7 Mandate, auf die National sozialistische Partei 150 Stimmen und 1 Mandat.

2 Aus "Braunau - braune Stadt? Von Mag. Florian Kotanko

Nach der Gemeinderatswahl 1924

Bürgermeisterwahl 1924

Landtagswahl 1925

Gemeinderatswahlen 1929

Am 14. April 1929 fanden die letzten demokratischen Wahlen in den Gemeindeausschuß statt. Diesmal bewarben sich nur drei Gruppen um das Vertrauen der Wähler: neben Christlichsozia­len und Sozialdemokraten die Großdeutschen, die mit Nationalsozialisten und Landbund ein Wahlbündnis eingegangen waren, das sich "Völkische Wahlvereinigung" nannte. Da diesmal die Zahl der Wahlberechtigten mit 3110 die Dreitausendergrenze überschritt, wurden 30 Gemein­deausschußmitglieder gewählt.

Durch die gegenüber 1924 größere Wahlbeteiligung konnten alle drei Wahlwerber Stimmengewinne verzeichnen, die stärksten die Christlichsozialen mit 206 Stimmen Zuwachs, was auch einen Sprung von 9 auf 13 Mandate bedeutete; weitstärkste Fraktion wurde die sozialdemokratische mit 10 Mitgliedern bei einem Stimmengewinn von 184 Stimmen. Die "Völkische Wahlvereinigung" war der Verlierer der Wahl, konnte doch trotz ei­nes Zuwachses von 19 Stimmen die Anzahl der Mandate nicht vermehrt werden, und das trotz der Steigerung der Gesamtzahl der Mandate von 24 auf 30. Die Wahlvereinigung erreichte 7 Sitze, die von 5 Großdeutschen sowie je einem Mitglied der Nationalsozialistischen Partei und des Landbundes eingenommen wurden.1

Bei der konstituierenden Sitzung des neugewählten Gemeindeausschusses wurde der bisherige Bürgermeister Friedrich Leistner, Mitglied der christlichzozialen Fraktion, wiedergewählt.2Die Wahlen in die Sektionen und Räte fanden erst am 10. Mai 1929 statt.3

[1] Bei der Gemeindeausschußwahl am 14. April 1929 gaben von 3110 Wahlberechtigten 2737 gültige Stimmen ab. Es entfielen auf die Christlichsoziale Partei 1142 Stimmen und 13 Mandate, auf die Sozialdemokratische Partei 894 Stimmen und 10 Mandate, auf die Völkische Wahlvereinigung 701Stimmen und 7 Mandate

[2] GA 2.5.1929

[3] GA 10.5.1929; es gab damals Rechts-,Finanz-, Bau-, Sanitäts-, Eletrizitäts- und Ökonomiesektion, Wald- und Wasserversorgungsausschuß sowie Ortsschulrat und Armenrat

1930: NSDAP Wahlversammlung

NSDAP Wahlveranstaltung, Neue Warte am Inn, 7.11.1930
NSDAP Wahlveranstaltung, Neue Warte am Inn (Ausschnitt), 7.11.1930

1932: Großes Treffen der Nationalsozialisten

Am 1. und 2. Oktober 1932 fand ein großes Grenzlandtreffen von Nationalsozialisten aus Österreich und Bayern in Braunau statt. Es wurde eine Palm-Gedächtnisfeier abgehalten, an der sich 675 uniformierte Nationalsozialisten und drei Musikkapellen beteiligten. Am nächsten Tag bewegte sich ein Festzug mit über 2000 Teilnehmern durch die Hauptstraßen von Braunau. Ein gemeinsamer Kirchgang war geplant, doch von Diözesanbischof Johannes Maria Gföllner verboten worden, da er die Kirche nicht als Demonstrationsort für politische Gruppen mißbrauchen las­sen wollte.1

1Neue Warte am Inn, Ausgabe 41,1932

Landtagswahl 1933: Die letzte demokratische Wahl

Die letzte demokratische Wahl in Braunau war die Landtagswahl vom 19. April 1931. 3227 Braunauer Bürger waren wahlberechtigt, 2696 gaben gültige Stimmen ab. Davon entfielen auf die Christlichsoziale Partei 1190, auf die Sozi­aldemokratische Partei 876, auf die Großdeutsche Partei 449, auf die Nationalsozialisti­sche Partei 116, auf den Heimatblock 67. Es zeigt sich, daß bei dieser letzten geheimen Ab­stim­mung die Nationalsozialisten keineswegs zahlreich waren; sie hatten den Stimmenhöchst­stand mit 171 Stimmen bei der Landtagswahl vom 17. Mai 19251

1Bei den Landtagswahlen vom 17. Mai 1925 hatten von 2420 gültigen Stimmen die Wahlgemeinschaft aus Christlichsozialen und Großdeutschen 1409, die Sozialdemokraten 840, die Nationalsozialisten 171 Stimmen erhalten

1933: Auflösung der Kommunistischen Partei

Als am 26. Mai 1933 die Kommunistische Partei Österreichs der Zwangsauflösung verfiel, wurden in den Wohnungen von bekannten Kommunistenführern Hausdurchsuchungen vorge­nommen, die aber wenig Ergebnisse brachten. Zwei Funktionäre wurden verhaftet und in das Kreisgericht Ried i.I. eingeliefert; das Verfahren, das gegen sie wegen Hochverrats eingeleitet worden war, wurde nach kurzer Zeit aus Mangel an Beweisen eingestellt.1

1Chronik des Gendarmeriepostens Braunau a.I.

1933: Auflösung der Nationalsozialistischen Partei

Größere Schwierigkeiten brachte die Auflösung der Nationalsozialistischen Partei mit sich, die am 19. Juni 1933 angeordnet worden war. War es schon früher zu Tätlichkeiten zwischen Na­tionalsozialisten und Anhängern anderer Parteien gekommen, so wurde der Kampf in der Ille­galität noch verschärft. In der Nacht zum 9. Juli 1933 wurden im Stadtgebiet insgesamt 28 Objekte mit nationalsozialistischen Parolen wie "Heil Hitler", "Trotz Verbot nicht tot", "Dollfuß verrecke" und "Österreich erwache" beschmiert; die Verfolgung der Täter gestaltete sich äußerst schwierig, doch konnte ein Verdächtiger verhaftet werden.1

1Neue Warte am Inn, 29,1933

Landtagswahl 1931 Nachbetrachtung

Grenzsperre 1933

Innbrücke 1934
Grenzsperre, Neue Warte am Inn, 6.04.1933
Grenzsperre, Neue Warte am Inn (Ausschnitt), 6.04.1933
Grenzsperre, Neue Warte am Inn, 20.07.1933
Grenzsperre, Neue Warte am Inn, 20.07.1933

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Braunau im Zeichen des Hakenkreuzes

Braunau im Zeichen des Hakenkreuzes, Neue Warte am Inn, 13.07.1933

15.06.1933: Ein unruhiger Abend

"Gestern Dienstag den 13. d. um 7 Uhr abend schon fiel es auf, wie sich Gruppen von hiesigen Nationalsozialisiten zusammenfanden, eifrigste Gespräche führten und eine besondere Nervosität zeigten. Als Gemeinderat Schmid zur Gemeindesitzung ging, wurde er von einer Gruppe jugendlicher Nationalsozialisten unter der Führung des Gärtnersohnes Gustl Kaindl verlacht und verhöhnt. Die nationalsozialistischen Gruppen wurden immer zahlreicher und begaben sich in die Vorstadt vor die Kaserne, wo immer wieder der Ruf Heil Hitler erscholl und das Hort Wessellied gepfiffen wurde. Auf dem Stadtplatze hat sich die hiesige Polizei stramm für die Ruhe und Ordnung eingesetzt. Nach halb 10 Jahr führen die Autobusse zur Kaserne, mit denen Militär nach Mauerkirchen gebracht werden sollte. Sofort eilte die Menge durch die enge Gasse zum rückwärtigen Platze der Kaserne. Herr Bezirkshauptmann Ober-Reg.-Rat Hammerstein ging schneidig gegen die Menge vor, forderte sie zur sofortigen Räumung des Platzes auf und erklärte, das sonst sofort Militär mit Bajonetten vorgehen werden. Das Militär ging dann vor und drängte die jugendlichen Ruhestörer gegen den Stadtplatz, wo noch ein größerer Wirbel war. Der Hauptplatz wurde schnell gesäubert und abgesperrt. Es wurden verhafte und in den Gemeindearrest gesteckt der Gärtnersssohn Gustl Kaindl, der Schleiferssohn Huber und ein Bürschen aus Bayern. Wie lange wird noch ein solches Treiben gewissenloser Elemente von den älteren Herren der Nationalsozialisten gedeckt werden? Besonders anerkennend begrüßt die Bevölkerung der Stadt das entschiedene und mutige Vorgehen des Herrn Bezirkshauptmannes Hammerstein."

Neue Warte am Inn, 15.06.1933

Ein unruhiger Abend, Neue Warte am Inn, 15.06.1933

Die Februarereignisse 1934

Die Februarereignisse 1934 führten in Braunau zu keinerlei Unruhen oder Ausschreitungen. Der Heimatschutz wurde am 12. Februar 1934 in der Stadt konzentriert und zur Bewachung von Bahnhof und Postamt eingesetzt. Das Konsum-Geschäft und die Kreditkassa wurden ge­sperrt, eine Vermögensaufnahme in Angriff genommen. Die Schutzbundmitglieder wurden entwaffnet, ohne daß Widerstand geleistet wurde. Mehrere bekannte Mitgliederder Sozialde­mokratischen Partei wurden verhaftet.1

1 Neue Warte am Inn 7,1934, Chronik des Gendarmeriepostens Braunau a.I.

1934: Auflösung des Gemeindeausschusses

Nach den Februarereignissen 1934 wurde der Gemeindeausschuß mit Erlaß der OÖ. Landes­regierung nach dem Rücktritt von 10 sozialdemokratischen Mitgliedern aufgelöst und am 8. März Amtsrat Lachinger zum Regierungskommissär bestimmt.1 Er ernannte die Herren Oberstleutnant a.D. Camillo Rehden von der Vaterländischen Front und Kapitän a.D. Kogelnik von der Heimwehr zu Beiräten. Nach Inkrafttreten der neuen Verfassung mußte auch eine neue Gemeindevertretung geschaf­fen werden, die die ständische Gliederung der Bevölkerung ausdrücken sollte. Über dringende Empfehlung der Landeshauptmannschaft sollte der neue "Gemeindetag" um ein Drittel weniger Mitglieder haben als der alte "Gemeindeausschuß". Man entschloß sich, je einen Vertreter der katholischen Kirche und von Wissenschaft und Kunst, zwei Vertreter der Land- und Forstwir­schaft, zehn Vertreter des Gewerbestandes, einen Vertreter der freien Berufe und fünf Vertre­ter des öffentlichen Dienstes zu ernennen. Im letzten gewählten Gemeindeausschuß saßen zwölf Angestellte, drei Landwirte, neun Gewerbetreibende, vier Arbeiter und zwei im Geld- und Kreditwesen beschäftigte Männer.2

Als Kandidaten für den Gemeindetag kamen nur Mitglieder der Vaterländischen Front in Frage, die das 26. Lebensjahrvollendet hatten, durch mindestens drei Jahre ihren ordentlichen Wohnsitz inder Gemeinde hatten und einen untadeli­gen Leumund besaßen.3 Bei der Bildung des Gemeindetages kam es zu großen Schwierigkeiten, da acht der anfänglich ausgewählten Personen ihre Mitarbeit ablehnten, wobei hauptsächlich persönliche Gründe für die Entscheidungangegeben wurden.4 Am 10. Dezember konnte der Gemeindetag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten und die Wahl eines Bürgermeisters vor­nehmen: Auf Vorschlag des Kapitäns a.D. Amtsrat Kogelnik wurde Oberstleutnant a.D. Camil­lo Rehden (Öffentlicher Dienst) zum Bürgermeister, Josef Schmid (Gewerbe) zum Stellvertre­ter gewählt. Gemeinderäte wurden die Herren Dr. Linder und Fürlinger (beide Öffentlicher Dienst), Raschhofer Max (Gewerbe) und Peterlechner (Land- und Forstwirtschaft).5


1Neue Warte am Inn, Ausgabe 8, 1934
1Beilage zu GA 10.12.1934
3Schreiben der oö. Landeshauptmannschaftan die oö. Gemeindeämter vom 13.11.1934, Zl. II 1639/7
4Absagebriefe als Beilagen zu GA10.12.1934; unter anderem lehnte auch der Stadtpfarrer Wilhelm Binder die Berufung ab
5 GA 10.12.1934

Ermordung Bundeskanzler Engelbert Dollfuß

In das Jahr 1934 fiel die Ermordung des Bundeskanzlers Dr. Engelbert Dollfuß im Verlaufe eines ge­scheiterten nationalsozialistischen Putschversuches am 25. Juli. Dazu berichtet die Neue Warte am Inn: "Wer in den Abendstunden einen Rundgang durch Braunau machte, mußte beobach­ten, daß in gewissen Gaststätten, ja auch in Privatwohnungen besonderer Freudenstimmung Ausdruck ge­geben wurde. Rufe wie Jetzt ist er endlich hin! und gröhlendes Gelächter der An­gerufenen ga­ben Beweis, wo die ehrenwerten Hintermänner der Mörderbande zu suchen sind. In Braunau herrscht volle Ruhe. Die Erregung der vaterländisch gesinnten Bevölkerung ist un­geheuer über die Kundgebung der Freude über den Tod des Kanzlers von seiten der Natio­nal­sozialisten, wie dies z.B. im Weinhaus Hierner geschah, welches jetzt behördlich gesperrt und dessen Besitzer jetzt auf vier Wochen in den Arrest nach Ried gebracht wurde."

In der Nacht wurden größere Truppen von Legionären am Brückenkopf in Simbach sichtbar. Im gan­zen Bezirk Braunau herrscht Ruhe. In Anbetracht der Spannungen, die zwischen dem Deutschen Reich und Österreich bestanden, hatte es die Regierung für notwendig erachtet, zur Verstärkung der Braunauer Garnison, die aus einem Bataillon des Alpenjägerregimentes Nr. 82 bestand, Truppen an die Grenze zu sen­den; per Eisenbahn wurden ein Bataillon des Infanterieregimentes Nr. 3 (Wien), eine Schwa­dron des Dragonerregiments Nr. 2 (Enns) und eine Batterie der Brigade-Artillerie-Abteilung Nr. 4 (Linz) nach Braunau verlegt, was an den Bahnhof große Anforderungen stellte. Nach zwölfwöchigem Aufenthalt wurden die Verstärkungen wieder abgezogen.3

Zum Gedenken an den getöteten Bundeskanzler Dollfuß wurde am 27. Juni 1935 eine Tafel enthüllt, deren Aufschrift lautete: "Zum Gedenken an den großen Österreicher und Helden­kanzler Dr. Engelbert Dollfuß, der am 4. November 1918 in dieser Kaserne als Oberleutnant i.R. des Kaiserschützen-Rgm. Nr. 2 abrüstete und aus dem aktiven Militärdienste schied. Er wurde am 25. Juli 1934 in Wien meuchlings ermordet. Dr. Dollfuß ist tot, sein Geist wird fortleben im Herzen jedes Österreichers. Die Vaterl. Front Braunau1935"" 4

Die Tafel wurde an der Westfront der Salzburger-Tor-Kaserne angebracht; bei der feierlichen Enthüllung waren Staatssekretär Hammerstein, Bürgermeister Rehden, der Gauleiter der Va­terländischen Front, Baron Handel, der Gauleiter des Heimatschutzes, Dr. Gruber, sowie Oberstleutnant Gebauer als Bataillons- und Standortkommandant von Braunau zugegen. Am 31. Mai 1935 wurde die Wiederaufstellung des Kaiser-Franz-Josef-Denkmals an seinem alten Standplatz am Brückenkopf verfügt.5


1Neue Warte am Inn 31,1934

2Die Braunauer Garnison umfaßte stets Truppen in Bataillonsstärke; vgl. Steinböck: nach der Teilung des Alpenjägerregimentes Nr. 8 in einen kleinen Verband desselben Namens und in das neuaufgestellte "Oberösterreichische Infanterieregiment Nr. 17" im Jahre 1937 lagen im März 1938 in Braunau in Garnison: II. Bataillon (Salzburger-Tor-Kaserne), 4. (Rathauskaserne) und 5. Kompanie (Sparkassenkaserne) des III. Bataillons, Maschinengewehrkompanie II (städtische Notkaserne)

3Chronik der Station Braunau

4Neue Warte am Inn, 23,1935

5Neue Warte am Inn, 26,1935

Bürgermeister Georg Hofmann

Der neue NS-Bürgermeister Georg Hofmann trat sein Amt termingerecht mit dem Machtwechsel am 15.3.1938 an. In seine kurze Amtszeit (bis 30.8.1938) fiel der Beschluß, ein neues Schwimmbad zu errichten. Als dieses eröffnet wurde, wurde Hofmann bereits vom Kreisleiter [[Fritz Reithofer]] abgelöst.

1938: Baldur von Schirach in Braunau

Baldur von Schirach in Braunau, Vorankündigung, Neue Warte am Inn, 30.03.1938
Baldur von Schirach in Braunau, Vorankündigung, Neue Warte am Inn (Ausschnitt), 30.03.1938
Baldur von Schirach in Braunau, Neue Warte am Inn, 6.04.1938

Hitler Ehrenbürger Ranshofen

Adolf Hitler Ehrenbürger Ranshofen, Neue Warte am Inn, 30.03.1938

"Ranshofen, 28 März. (Hitler-Ehrenbürger). Stürmischen Jubel löste in der Wählerversammlung am Sonntag die Mitteilung aus, daß die Ehrenbürgerschaft Otto von Habsburg-Bourbon-Parma in der Gemeinde Ranshofen für nicht erklärt worden sei. Dieser Jubel steigerte sich noch bei der Mitteilung, daß die Gemeinde Ranshofen unseren Führer Adolf Hitler zum Ehrenbürger ernannt habe."

Neue Warte am Inn, 30.03.1938

Volksabstimmung 10.04.1938

Braunau Abgegebene Stimmen Ja Nein Ungültig
Gasthof Fink 583 583 - -
Gasthof Pfusterer 675 675 - -
Gasthof Pommer 569 566 - 3
Gasthof Widerna 735 733 - 2
Gasthof Wiesbauer 704 704 - -
Krankenhaus 70 70 - -
Zusammen 3336 3331 - 5
Volksabstimmung, Neue Warte am Inn, 13.04.1938
Volksabstimmung, Neue Warte am Inn (Ausschnitt), Die Antwort des Führers 13.04.1938

Aufbau des Reichsnährstandes

Aufbau des Reichsnährstandes, Neue Warte am Inn, 8.06.1938
Aufbau des Reichsnährstandes, Neue Warte am Inn (Ausschnitt), 8.06.1938

Entfernung Kaiserbüste

Kaiserbüste entfernt, Neue Warte am Inn(Ausschnitt) 13.07.1938
Kaiserbüste entfernt, Neue Warte am Inn, 13.07.1938

„Kaiser Franz Josef. Die bei der Brücke aufgestellt gewesene Büste des Kaisers Franz Josef wurde nunmehr abgetragen und dem Heimathaus in Verwahrung gegeben. Es war untunlich, dass an der historischen Stelle, an welcher der Führer österreichischen Boden betrat, ausgerechnet das Denkmal eines Habsburgers stehen bleibe. Andrerseits ist damit endlich auch der hässliche Bretterverschlag, der das Denkmal verdeckte, verschwunden.“

Neue Warte am Inn, 13.07.1938

Fritz Reithofer Bürgermeister von Braunau

Reithofer Bürgermeister, Neue Warte am Inn, 24.08.1938
Reithofer Bürgermeister, Ausschnitt, Neue Warte am Inn, 24.08.1938

"Kreisleiter Mag. Reithofer Bürgermeister von Braunau. Der Gauleiter und Landeshauptmann von Oberdonau, Pg Eigruber hat dem monatelangen Ersuchen des Bürgermeisters der Stadt Braunau a. I. wegen Arbeitsüberbürdung am 20. August 1983 Folge gegeben und Kreisleiter Pg Fritz Reithofer zum Bürgermeister der Stadt Braunau am Inn bestellt. Aus diesem Anlaß versammelte sich am 22. August die Betriebsgemeinschaft der Stadtgemeinde Braunau im Beisein des Scheidenden, sowie des neubestellten Bürgermeisters im Rathaussaale zu einer Abschiedsfeierlichkeit, bei welcher der scheidende Bürgermeister Pg Georg Hofmann für seine vorbildlich nationalsozialistische Führung und Leitung der Betriebsgemeinschaft der Stadtgemeinde den Dank der Bediensteten der Gemeinde entgegennahm und Worte des Dankes und der Anerkennung sämtlichen Angehörigen der Betriebsgemeinschaft zollte.

Sodann ergriff der neubestellte Bürgermeister der Stadt Braunau, PG Fritz Reithofer zu längeren Ausführungen das Wort, in welchen das hervorragende Verhalten des Pg Georg Hofmann als illeg. Kämpfer und die vorbildliche Leitung und Führung der Stadtgemeinde Braunau in schwierigster Übergangszeit und in uneigennützigster Weise vollste Würdiung und Anerkennung fand.

Der anschließende an diese Feierlichtkeit stattgefundenen Beirätesitzung wurde die Umbesetzun der Bürgermeisterfunktion zur Kenntnis gebracht. In Anerkennung der Erfolge des scheidenden Bürgermeisters und in Ehrung desselben, beschloß der Gemeinderat, den von Bürgermeister Pg Georg Hofmann angelegten Stadtrundweg mit sofortiger Wirksamkeit den Namen Georg Hofmann-Weg zu geben."

Neue Warte am Inn, 24.08.1938

NSDAP Ranshofen zu Braunau

Eingliederung NSDAP Ranshofen, Neue Warte am Inn, 21.06.1939
Eingliederung NSDAP Ranshofen, Neue Warte am Inn (Ausschnitt), 21.06.1939

Ranshofen, 19. Juni (Von der NSDAP). Am 18. ds. fand im Gasthaus Asenaus Anlaß der Eingliederung der Ortsgruppe Ranshofen in die Ortsgruppe Braunaueine Parteimitgliederversammlung statt. Zellenleiter Schmierer meldetezur Übernahme der Ortsgruppe dem Ortsgruppenleiter David einen Stand von95 Parteigenossen und 17 politischen Leitern. Hierauf sprach Pg. Dr.Steininger zu den versammelten Parteigenossen über die allgemeinen aktuellenTagesfragen. Ortsgruppenleiter Pg. David streifte die Gründung der hiesigenOrtsgruppe und ihre Auflösung und erinnerte die anwesenden Parteigenossen anihre Pflichten die sie durch ihre Zugehörigkeit zur NSDAP. dem Führer und demVolke gegenüber haben.

Neue Warte am Inn, 21.06.1939